Montag, 18. April 2011

Reaktion auf Bankendemo: Offener Brief

Amplify’d from www.facebook.com
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, sehr geehrter Herr Ernst Burgbacher,
sehr geehrter Herr Lohscheider, sehr geehrter Herr Brüderle,
eine der am meisten prosperierenden Wirtschaftszweige Deutschlands ist die Tourismusindustrie.
Das hat die Finanzindustrie ebenfalls erkannt und in jüngerer Vergangenheit Strukturen geschaffen, mittels deren den ursprünglichen Vertretern dieses Wirtschaftszweiges mit äußerst zweifelhaften Methoden dieses Geschäft streitig gemacht wird.
Banken reißen ganze Märkte an sich
Noch unerkannt von der Politik findet ein regelrechter Kampf mit Beratungsdiebstahl und Rabatten statt. Fast alle Kreditinstitute und Sparkassen haben in den letzten Monaten und Jahren in Form eines Bonusprogramms Ihrer Kreditkarten Zugaben und Rabatte versteckt. In Bezug auf die Tourismusindustrie erhält ein Kreditkarteninhaber dabei bei Buchung einer Reiseleistung einen Rabatt als Rückvergütung in Höhe von bis zu 7%.
Nachweisbar werben die Banken und Sparkassen teilweise sogar dafür, sich im Falle eines Reisewunsches von einem ortsansässigen Reisebüro beraten zu lassen und die Reise dann aber bei einem Callcenter der jeweiligen Bank im In- oder Ausland per Telefon unter Bezahlung mit dieser, seiner Kreditkarte zu buchen. Dafür wird dem Reisenden dann der Betrag überwiesen, der dem Rabatt entspricht.
Betroffene Reisebüros haben durch diese Praktik gleich einen doppelten Verlust zu tragen, indem sie kostenlos und ohne Kenntnis der Kundenabsichten beraten und dann doch dauerhaft diese Kunden an die Kreditinstitute verlieren.

Die Kommunalpolitik duldet den Verlust der kommunalen Wirtschaft
Den Gemeindevertretern, die z.B. im Aufsichtsrat der örtlichen Sparkassen sind, ist nicht eingängig, dass erstens der Gemeinde Prosperität entzogen wird, und zweitens
die Infrastruktur des örtlichen Einzelhandels durch diese Form des Rabattparasitentums zum Schaden der Gemeinde ausgedünnt wird.
Niemand weiß, woher die Gelder für diese Rabattaktionen kommen. Beschwerden z.B. an die Genossenschaftsbanken darüber, dass Genossenschaftsvermögen nicht zur Rabattierung von Privilegieninhabern genutzt werden dürfen, werden unisono damit beantwortet, dass die Rückvergütungen auf Kreditkartenverträgen nicht durch die Banken getragen werden.
Den touristischen Fullfillmentern der Banken werden in der Regel genau so viele Provisionen für ihre Reisemittlung ausgezahlt, wie die Kunden als Rückvergütung für den Konsum erhalten. Den Reiseveranstaltern sind die Hände gebunden, seit einzelne, untergeordnete Gerichte entsprechende Klagen gegen Rabattvergaben und damit verbundene Kündigungen von Agenturverträgen unter Hinweis auf geltendes Recht abgewiesen haben.
Die Kreditwirtschaft will Marktmonopole durch Datenfülle
Dazu ist zu bedenken, dass, dem Datenschutz zum Trotz, die Kreditwirtschaft durch diesen Trick mit den Kreditkartenrabatten ein umfangreiches Profil über die Verhältnisse und das Konsumverhalten der Verbraucher, sowie über den Zustand der Reisebürobranche und der Leistungsträger der Tourismuswirtschaft erhalten. Nach Basel II ist der Vertrieb für Urlaub & Reisen nicht umsonst von der Kreditwirtschaft, als nicht kreditwürdig eingestuft worden, das kommt noch hinzu.
Desaströse Auswirkungen bedürfen neuer Regulierungen
Seit dem Fall der Rabatt- und Zugabeverordnung auf Geheiß der EU im Jahr 2001 gibt es eine zunehmende Verwerfung im Markt, die unbedingt neuer Regulierungen bedarf.
Nach 70 Jahren Rabattgesetz und Zugabeverordnung führte deren Abschaffung zu gravierenden Problemen, von denen innerhalb der Bundesregierung niemand so recht Kenntnis zu haben scheint. Die desaströsen Auswirkungen für bestimmte Branchen, wie sie gerade am Beispiel der Reisebüros der Tourismusindustrie sichtbar werden, wie Ihnen mit diesem offenen Brief klar gemacht werden soll, sind den Entscheidungsträgern in der Politik bislang offenbar nicht bekannt.

Sonderstatus aus Deutschem Gesetz heraus
Die Bundesrepublik Deutschland hat eine besondere Verantwortung für viele Marktteilnehmer, besonders im Marktsektor Tourismus, weil diese mit einem ganz speziellen Sonderstatus im Markt stehen, der von Staats wegen schützenswert sein sollte. Dieser Status ist der Handelsvertreterstatus. Gerade die, durch die oben beschriebene Problematik besonders betroffenen, Reisevermittler stehen regelgemäß in diesem Vertragsverhältnis zu anderen Marktteilnehmern im Tourismussektor.
Neben vielen anderen Argumenten, die besonders die nahezu "natürliche Skrupellosigkeit" des Finanzwesens ansprechen, ist dieses gesetzlich verbriefte Vertragsverhältnis für uns als Vertretung vieler tausend Reisemittler in Deutschland das Argument schlechthin, die Bundesregierung um Hilfe zu ersuchen.
Tausende Existenzen in Deutschland sind bedroht
Von vormals rund 17.000 örtlichen Reisebüros existieren aktuell gerade noch etwa 10.000 in Deutschland. Es ist abzusehen, dass die Geschäftspraktiken der Finanzindustrie in absehbarer Zeit das Ende für eine vierstellige Anzahl weiterer Reisebüros, verbunden mit dem Verlust von Tausenden von Arbeitsplätzen und der damit einhergehenden Zerstörung vieler Existenzen bedeuten werden.
Das alles vor dem Hintergrund, dass ausgerechnet diese, nun von der Finanzindustrie in Ihrer Existenz bedrohten, Reisemittler allein in den letzten 12 Monaten anlässlich z.B. der Vulkanaschewolke, dem wilden Streik der spanischen Fluglotsen oder aber auch den Unruhen in den Urlaubsländern Ägypten und Tunesien, den Verbrauchern die beste Performance und eine überragende Unterstützung geboten haben.
Erst dieser, weit über das erwartbare Maß hinausgehende, Einsatz einer ganzen Branche, hat es vielen Reisenden überhaupt ermöglicht ein Krisengebiet zu verlassen oder trotz unkalkulierbarer, widriger Umstände das Reiseziel zu erreichen.

Wir erwarten eine entsprechende Reaktion der Bundesregierung, und wenn es nur die Zustimmung aus dem Kartellrecht heraus ist, dass die Tourismusindustrie eigene Wege umsetzen darf, um die Rabattvergabe für touristische Leistungen von branchenfremden Finanzinstituten zu verhindern.

Wir erwarten ferner, dass die Bundesregierung das Thema mit Priorität belegt und gemeinsam mit Vertretern der Reisebranche entsprechende Beschlüsse fasst und umsetzt.

Mit freundlichen Grüßen,


Schmetterling Beirat, i.A. Lilian Streicher
Über den Schmetterling Reisebürobeirat
Der Schmetterling Reisebürobeirat setzt sich aus acht gewählten Vertretern der größten europäischen Reisebüro-Kooperation zusammen. Er vertritt 3.500 Reisebüros in Europa, davon 2500 in Deutschland.
Read more at www.facebook.com

Keine Kommentare: